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Eisenbahnbau im Brohltal

 

Phonolithbruch bei Brenk (Bild: Sammlung Gert Zenner)

Seit vielen Jahrhunderten werden im Brohltal Basalt, Tuffstein, Trass und andere vulkanische Mineralien abgebaut. Mit seinem starken Gefälle bot das Tal daneben gute Bedingungen für Betriebe, die mit Hilfe der Wasserkraft große Maschinen antrieben. Als 1858 die linksrheinische Eisenbahnstrecke von Köln über Bonn nach Koblenz fertig gestellt war und damit das Städtchen Brohl einen eigenen Bahnhof erhielt, entstanden Pläne, auch das Brohltal mit einer Eisenbahnlinie zu erschließen.

Die Bedingungen dafür waren allerdings schwierig, denn vor allem im oberen Teil ist das Tal ausgesprochen steil und eng. Außerdem waren viele Varianten hinsichtlich des oberen Endbahnhofs, der Streckenführung, der Spurweite und der Finanzierung im Gespräch. Immer wieder wurden neue Pläne entwickelt und schließlich doch wieder verworfen.   

Konkrete Formen nahm das Projekt erst an, als 1895 die Brohltal-Eisenbahn-Gesellschaft in Köln gegründet wurde: 1896 lag eine Konzession für den Bau vor, im Frühjahr 1898 begannen die Bauarbeiten für die Strecke. Aus Kostengründen und wegen des schwierigen Geländes hatte sich die private Eisenbahngesellschaft für eine Schmalspurbahn entschieden.

 

Die Meterspur

Mit der Spurweite von 1.000 Millimetern (Meterspur) ließen sich deutlich engere Kurvenradien realisieren als mit der Normalspur von 1.435 Millimetern möglich gewesen wäre. Der Grund liegt darin, dass bei Eisenbahnen die Räder jedes Radsatzes starr miteinander verbunden sind und sich in Kurven gleich schnell drehen müssen, obwohl das äußere Rad einen weiteren Weg zurücklegen muss als das innere. Daher kommt es in engen Kurven zu starker Reibung – die Räder erzeugen dann auf den Schienen das laute "Kurvenquietschen". Je stärker die Reibung, desto höher der Verschleiß an Schienen und Rädern. Da bei Schmalspurbahnen die Wegedifferenz zwischen innerer und äußerer Schiene in den Kurven geringer ist, eignen sich solche Spurweiten deutlich besser für Strecken mit engen Bögen.

Die Planer der Brohltalbahn konnten von vielen Erfahrungswerten anderer Bahngesellschaften profitieren: Zahlreiche zu ehrgeizig geplante Normalspur-Bahnprojekte waren zu dieser Zeit bereits gescheitert oder hatten sich nach einigen Betriebsjahren als unrentabel herausgestellt. Auch die Geschwindigkeit war damals kein Argument: Um 1900 wurde auf normalspurigen Strecken keineswegs schneller gefahren als auf Schmalspurstrecken. Große Vorteile bot die Meterspur für die in Streckennähe gelegenen Unternehmen: Der Bau von Anschlussgleisen war damit relativ einfach und erschwinglich.

Bau des Viadukts bei Bad Tönisstein (Bild: Sammlung Kreisbildstelle Ahrweiler)

23,83 Kilometer Strecke mit einem Tunnel, zwei Viadukten und einigen Brücken waren zu bauen – von Brohl am Rhein über Oberzissen und von dort weiter über Engeln und Weibern zum Endbahnhof Kempenich. Nicht der Personenverkehr, sondern der Transport von Gütern stand von Anfang an im Vordergrund. Der preußische Staat hatte an diesem Projekt kein großes Interesse, denn es war abzusehen, dass die Bahn für den Transport von Truppen und Kriegsgerät in Richtung Grenze keine Rolle spielen würde.

Kurz vor der Jahrhundertwende war am Schellkopf bei Brenk mit dem Abbau des Minerals Phonolith begonnen worden, einem Ausgangsstoff für die Glasherstellung. Da der Steinbruch einen Gleisanschluss brauchte, hatte man sich entschlossen, dass die Bahntrasse in Oberzissen das Brohltal verlassen und von dort an den Hängen eines Nebentals steil ansteigen sollte. Die 5,5 Kilometer lange Steilstrecke nach Engeln mit einer Neigung von fünf Prozent – das entspricht einem Steigungsverhältnis von 1:20 – sollten Zahnradlokomotiven bewältigen. Deshalb wurde auf dieser Teilstrecke eine Zahnstange zwischen den Gleisen verlegt. Für den Zahnradbetrieb gab es schon zu jener Zeit verschiedene Systeme. Die Brohltalbahn verwendete das System "Abt" mit zwei Lamellen. Dabei haben sowohl die Zahnstangen als auch die Zahnräder der Loks jeweils rechts und links gegeneinander versetzte Zahnreihen und ermöglichen so eine relativ gleichmäßige Kraftübertragung.

  • Die ersten Betriebsjahre

    Steilstrecke mit Phonolithwerk bei Brenk (Bild: Sammlung Gert Zenner)Im August 1900 trafen zwei kleine Zahnradlokomotiven der Schweizerischen Lokomotiv- und Maschinenfabrik Winterthur in Brohl ein (Betriebsnummer 3z und 4z), einen Monat später zwei große Zahnradloks der Maschinenfabrik Esslingen (Betriebsnummer 1z und 2z). Der erste Zug fuhr am 12. Januar 1901 über die kurz zuvor vollendete Teilstrecke von Brohl nach Engeln. Auch der Streckenzweig vom Personenbahnhof Brohl BE zum Umladebahnhof Brohl und weiter zu den Hafenanlagen am Rhein war zu dieser Zeit fertiggestellt. Wenige Monate später, am 1. Mai 1901, traf der erste Zug im Güterbahnhof von Weibern ein. Am 7. Januar 1902 konnte schließlich das letzte Teilstück bis zum Endbahnhof in Kempenich feierlich eingeweiht werden.

    Postkarte: Eisenbahnunglück bei Oberzissen 1907 (Bild: Carl Schüssler)Fünf Jahre später ereignete sich ein schwerer Unfall auf der Steilstrecke. Am Abend des 31. Oktobers 1907 nahm ein talwärts fahrender Zug mit zehn Güterwagen, einem Personenwagen und einem Gepäckwaggon nach der Ausfahrt aus dem Bahnhof Brenk immer weiter Fahrt auf und konnte vom Lokführer nicht mehr gebremst werden. Ein Passagier wagte den Sprung aus dem immer schneller werdenden Zug. Hinter der Talbrücke von Oberzissen kippten zwei Schotterwagen wegen ihres hohen Schwerpunkts von den Gleisen und zogen einen Großteil des Zugs den Bahndamm hinunter in die Tiefe. Fünf Insassen des Personenwagens kamen dabei ums Leben, sechs Fahrgäste wurden schwer, sechs weitere leicht verletzt. Schon früh gab es Überlegungen, den Personenverkehr auf der Steilstrecke einzustellen. Doch auf Druck der Oberpostdirektion, die in solchen Zügen Briefe beförderte, wurde der Betrieb fortgeführt.

    Das Güteraufkommen wuchs in den ersten Betriebsjahren stetig an. Schnell zeigte sich, dass die zweiachsigen Zahnradlokomotiven 3z und 4z viel zu schwach waren für die immer länger und schwerer werdenden Züge. Während die Strecke Oberzissen-Engeln bergauf bei der Kraftübertragung und bergab beim Bremsen hohe Ansprüche an die Loks stellte, waren es auf der Talstrecke Brohl-Oberzissen mit maximal mit 2,5 Prozent Neigung vor allem die vielen engen Gleisbögen. Aus diesem Grund wurden nach dem erfolgreichen Probeeinsatz einer Maschine gleichen Typs ab 1903 zwei Dampflokomotiven der Bauart Mallet auf der Talstrecke eingesetzt: die 4m und 7m, beide gebaut bei der Aktiengesellschaft für Lokomotivbau Hohenzollern in Düsseldorf-Grafenberg.

    Loks der Bauart Mallet

    Die ursprünglich von dem Schweizer Ingenieur Anatole Mallet entwickelte Bauart ist trotz ihrer vier und mehr angetriebenen Radsätze sehr gut kurvengängig, denn ihr Fahrwerk besteht aus zwei Teilen: Einem fest mit dem Lokomotivrahmen verbundenen hinteren Teil, dessen Radsätze von Hochdruckzylindern angetrieben werden und einem in der Art eines Drehgestells gebauten vorderen Teil, dessen Radsätze von Niederdruckzylindern angetrieben werden. Weil der Drehzapfen für das vordere Fahrwerk an dessen hinterem Ende liegt, schwenken die vorderen Radsätze in Kurven weit aus und reduzieren somit stark die Reibungskräfte an den Schienen.

    Bereits 1904 und 1906 folgten zwei weitere Loks dieser Bauart: die 10sm und die bis heute existierende 11sm. Die beiden schweren Malletloks (dafür steht auch das Kürzel "sm") stammten aus der Produktion der Maschinenbauanstalt Humboldt in Köln-Kalk. Durch ihre Leistung und ihr relativ hohes Eigengewicht waren diese Loks technisch in der Lage, ganz ohne Zahnrad Züge die Steilstrecke hinaufzuziehen.

    Loks 2z und 7m der Brohltalbahn (Bild: IBS-Archiv)

    Der Betriebsablauf sah im normalen Alltag aber anders und weitaus umständlicher aus: Für die flachere Talstrecke und die Steilstrecke wurden jeweils unterschiedliche Lokomotiven genutzt, durchgehende Züge wurden in Oberzissen in den meisten Fällen umgespannt oder neu zusammengestellt. Vor diesem Hintergrund wurde 1913 noch eine weitere Esslinger Zahnradlok (Betriebsnummer 5z) für die Steilstrecke und 1919 eine zusätzliche schwere Mallet von Humboldt (Betriebsnummer 12sm) für die Talstrecke beschafft.

    Die kleineren und weniger starken Malletloks 4m und 7m wurden von der Westdeutschen Eisenbahn-Gesellschaft, dem Mutterkonzern der Brohltalbahn, auf andere Strecken versetzt. Die zweiachsigen Zahnradloks 3z und 4z aus dem Anfangsbestand waren bis Anfang der 1920er Jahre noch zweckentfremdet als Werks- und Rangierloks im Einsatz.

    Lok 11sm (Bild: Berndt von Mitzlaff)Zu dieser Zeit erfolgte auch die Lösung vom Mutterkonzern. Wegen der schlechten Wirtschaftslage nach dem Ersten Weltkrieg hatte die Westdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft 1920 erwogen, den Betrieb im Brohltal komplett einzustellen. Um dies zu verhindern, wurde die Brohltal-Eisenbahn mit staatlicher Unterstützung in eine eigenständige Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Aktien übernahmen hauptsächlich die Landkreise Adenau, Ahrweiler und Mayen sowie Unternehmer aus der Region.

    • Personenverkehr mit Triebwagen

      VT50 im Jahr 1926 (Bild: IBS-Archiv)Bis in die 1920er Jahre erfolgte der Personenverkehr hauptsächlich im Mischbetrieb, in sogenannten "Güterzügen mit Personenbeförderung" (GmP). Das bedeutete, dass Personenwagen in Güterzügen mitgeführt wurden und die Weiterfahrt an jedem Bahnhof immer erst dann erfolgen konnte, wenn das Rangieren, An- und Abkuppeln abgeschlossen war. Für die knapp 24 Kilometer von Kempenich nach Brohl brauchte ein solcher Zug nicht selten zweieinhalb Stunden.

      Als am 5. Juni 1925 der vierachsige Triebwagen VT50 eingeführt wurde, brachte dies eine erhebliche Verbesserung. Die Fahrzeit zwischen den beiden Endbahnhöfen halbierte sich. Mit solchen Fahrzeugen versuchte man auf vielen Strecken den Personenverkehr rationeller und zugleich attraktiver zu gestalten. Der bei den Deutschen Werken Kiel (DWK) gebaute 18 Meter lange Triebwagen der Brohltalbahn wurde ursprünglich von einem 150 PS starken Benzolmotor angetrieben und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 35 Stundenkilometern.

      VT50 mit Holzgasanlage (Bild: IBS-Archiv)Einem Trend der damaligen Zeit entsprechend erhielt der VT50 im Jahre 1932 ein Aggregat für den Holzgasantrieb. Aus heutiger Sicht ein durchaus fortschrittlicher Gedanke: Bestückt mit dem nachwachsenden Rohstoff Holz konnte der VT50 auf diese Weise große Mengen des damals teuren Erdölprodukts Benzol einsparen. Zuvor hatte sein Benzolverbrauch bei bis zu 100 Litern auf 100 Kilometern gelegen.

      Zur Verstärkung des Personenverkehrs wurden 1935 weitere DWK-Benzoltriebwagen und Beiwagen von den Köln-Bonner Eisenbahnen (KBE) hinzugekauft und mit den Betriebsnummern VT51, VB52 (später VT52), VB53 und VB54 eingereiht. 1939 erhielten die Triebwagen VT51 und VT52 sparsame Dieselmotoren. Der einstige Holzgastriebwagen VT50 war zu diesem Zeitpunkt bereits zu einem Beiwagen umgebaut worden. 1937 hatte man seine verschlissene Motoranlage ausgebaut. Als VB50 ist dieser Oldtimer aus den 1920er Jahren als einziges Originalfahrzeug für den Personenverkehr im Bestand der Brohltalbahn geblieben und wird bis heute als Salonwagen eingesetzt.

      VT51 der Brohltalbahn mit Beiwagen VB53 (Bild: Sammlung Karl-Heinz Wipperfürth)

      • Neue Loks für neue Aufgaben

        Lok G3 der Brohltalbahn (Bild: IBS-Archiv)Seit der Trennung von Personen- und Güterverkehr hatte sich auch beim Bestand der Lokomotiven einiges verändert. 1924 waren die beiden exotisch anmutenden Schlepptenderloks G3 und G4 in Dienst gestellt worden. Ursprünglich waren diese bereits 1914 bei Krauss & Co. in München fertiggestellten Maschinen für die Ausfuhr in das Königreich Siam bestimmt. Doch nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs war eine Lieferung nach Südostasien nicht mehr möglich. Die rein äußerlich an klassische Westernloks erinnernden Lokomotiven konnten von der Brohltalbahn vermutlich recht günstig erworben werden, mit ihren gerade einmal 350 PS Leistung erwiesen sie sich aber offenbar auch im Betrieb auf der Talstrecke als nicht optimal. Die G4 wurde 1937 an die Kerkerbachbahn im Westerwald verkauft, die G3 führte bis zu ihrer Ausmusterung im Jahr 1957 eher ein Schattendasein im Brohltal.

        Während man die Schlepptenderloks eher als günstigen Gelegenheitskauf bezeichnen kann, waren beim Erwerb der besonders leistungsfähigen Loks I und II langfristige Überlegungen im Spiel. Ende der 1920er Jahre wurde absehbar, dass die stark beanspruchten großen Zahnradlokomotiven 1z und 2z bald verschlissen sein würden. Es begannen Planungen, den aufwändigen Zahnradbetrieb auf der Steilstrecke dauerhaft durch einen konventionellen Reibungsbetrieb (Adhäsionsbetrieb) zu ersetzen. Bei der Hunsrückbahn und anderen Steilstrecken hatte man damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Die 1930 neu erworbene Lok I und die 1934 von der Albtalbahn übernommene Lok II brachten bei der Brohltalbahn genug Achslast auf die Schienen, um selbst mit schweren Güterzügen die Steilstrecke problemlos zu bewältigen.

        Lok I der Brohltalbahn (Bild: Werkfoto Krauss/IBS-Archiv)Die bei Krauss & Co. in München gebaute Lok I verfügte über einen modernen und besonders effizienten Heißdampf-Kessel. Bei Maschinen dieses Typs wird der im Kessel bereits vorhandene Wasserdampf in speziellen Überhitzungsrohren auf Temperaturen über 300 Grad Celsius gebracht. Trotz ihrer Kraft und ihres Dienstgewichts von 55 Tonnen war der Kohleverbrauch der Lok I dadurch verhältnismäßig niedrig. Ebenfalls erstaunlich: Obwohl die Tenderlok fünf gekuppelte Radsätze besaß, war sie ausgesprochen kurvengängig und schonte dadurch Räder und Schienen. Von außen kaum sichtbar, waren die beiden vorderen Radsätze durch eine spezielle Konstruktion, ein sogenanntes Beugniot-Deichselgestell, zur Seite beweglich. Der mittlere der fünf Radsätze ging ohne Probleme durch die Kurven, da er keine Spurkränze besaß. Der vorletzte konnte um 30 Millimeter seitlich verschoben werden, der letzte war fest im Rahmen gelagert.

        Als weitere steilstreckentaugliche Maschine kam 1934 die Lok II hinzu. Bis zu diesem Jahr waren nicht nur die drei Zahnradloks 2z (1928), 1z (1931) und 4z (1934), sondern ebenfalls die auf der Talstrecke eingesetzte Lok 10sm (1934) ausgemustert worden. Wie letztere war auch die bei der Hannoverschen Maschinenbau AG gebaute Lok II eine Maschine der Bauart Mallet, allerdings mit sechs angetriebenen Achsen deutlich länger, schwerer und stärker als die ausgediente 10sm.

        Die Malletlok II der Brohltalbahn (Bild: Hermann Maey)Zeit des Zahnradbetriebs auf der Steilstrecke war damit vorbei. Erstmals hatte die Brohltalbahn nun auch die Möglichkeit, mit den Loks I und II schwere Güterzüge über die Gesamtstrecke zu befördern und machte davon ausgiebig Gebrauch. Die übrigen Lokomotiven wurden auf der Talstrecke zwischen Brohl und Oberzissen eingesetzt sowie außerdem auf der knapp zwei Kilometer langen Strecke zum Rheinhafen.

        Dieser Streckenarm vom Personenbahnhof Brohl BE über den Umladebahnhof für Güter neben der normalspurigen Rheinstrecke bis zu den Hafenanlagen spielte nicht nur eine zentrale Rolle für den Weitertransport von Waren aus dem Brohltal per Zug, Schiff oder Lastwagen. Er bekam auch zunehmend eine Bedeutung als wichtiges Zwischenglied für den Umschlag von Waren von der normalspurigen Staatsbahn zu den Rheinschiffen und umgekehrt. Aus diesem Grund wurde in den frühen 1930er und 1940er Jahren im Bereich des Umladebahnhofs und der Hafenanlagen der Bau von Dreischienengleisen massiv vorangetrieben.

        Zwei Spurweiten - ein Gleis

        Dreischienengleise sind sowohl von Schmalspur- als auch von Normalspurfahrzeugen befahrbar. Sie nutzen dabei auf einer Seite eine Schiene gemeinsam. Wegen ihrer unterschiedlichen Spurweiten müssen allerdings für die Räder auf der anderen Fahrzeugseite zwei Schienen vorhanden sein – eine in Schmalspurweite, eine weitere in Normalspurweite. Schmalspurlokomotiven können auf solchen Gleisen problemlos Normalspurwagen ziehen oder rangieren. Sie müssen dazu allerdings über asymmetrisch angeordnete Normalspurpuffer verfügen, denn die Mittelachsen von Schmalspurlok und Normalspurwagen sind bei einem Dreischienengleis seitlich gegeneinander versetzt.

        Bestimmte Güter, deren Umladen besonders aufwändig war, wurden mit Normalspurwagen durch das Brohltal befördert. In der Anfangszeit wurden sie dazu mit ihren Achsen auf schmalspurige Rollböcke gesetzt. Ab 1928 übernahmen Rollwagen diese Aufgabe. Sie konnten jeweils einen ganzen Waggon aufnehmen. Wegen des Tunnels bei Bad Tönisstein durfte eine bestimmte Maximalhöhe nicht überschritten werden. Deshalb kamen nur relativ niedrige Waggons für diesen "Huckepack-Verkehr" in Frage.

        Lok IV der Brohltalbahn (Bild: Detlev Luckmann)

        Als Ersatz für die Schlepptenderloks G4 kam 1937 die von der Staatlichen Waldbahn Ruhpolding übernommene Lok IV hinzu. Sie stammte aus der Produktion von Krauss & Co. und wurde – wie ihre Vorgängerin – vor allem im unteren Brohltal und auf der Hafenstrecke eingesetzt. Daneben bestand großer Bedarf für eine weitere steilstreckentaugliche Lok. Deshalb wurde 1942 eine Schwestermaschine der starken und bewährten Lok I bestellt, zu deren Auslieferung es allerdings in der Zeit der rationierten Kriegswirtschaft nicht mehr kommen sollte.

        Ab Mitte der 1930er Jahre stand auch der Betrieb der Steinbrüche und der Eisenbahn des Brohltals im Zeichen der nationalsozialistischen Rüstungswirtschaft: Viele der transportierten Materialien dienten zum Bau von Bunkern und Panzersperren des Westwalls. Bei Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg wurden 1944 mehrere Abschnitte der Strecke zerstört. Während des Vormarschs der Alliierten stand ab Februar 1945 der Betrieb komplett still. Doch bereits im Juni 1945, wenige Wochen nach Kriegsende, nahm die Brohltalbahn ihren Güterverkehr wieder auf. Der Bedarf an Baustoffen war in den Nachkriegsjahren groß und die Brohltalbahn transportierte besonders große Mengen an Bims. Der poröse und sehr leichte Stein war auf den Baustellen der Wirtschaftswunderzeit sehr gefragt. Auf Wunsch der Aktionäre war die Aktiengesellschaft 1953 in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt worden.

        Lok III der Brohltalbahn (Bild: Gerhard Moll/Sammlung Lückel)1957 wurde mit der G3 auch die zweite Schlepptenderlok ausgemustert. Im gleichen Jahr hatte die Brohltalbahn von der Nassauischen Kleinbahn eine Dampflokomotive übernommen, die sie als Lok III einreihte. Die sehr leistungsfähige Tenderlok aus dem Baujahr 1951 stammte aus der Produktion der Lokomotivfabrik Arnold Jung. Ihre Aufgabe war es nun, durchgehende Güterzüge von Brohl über Oberzissen und die Steilstrecke bis nach Kempenich zu befördern. Sie tat dies in der Folgezeit im Wechsel mit Lok I. Wie diese rund 20 Jahre ältere Maschine besaß auch sie fünf gekuppelte Achsen und einen Heißdampfkessel. Diese beiden Loks waren damit besser für die Steilstrecke geeignet als die sechsachsige Mallet Lok II. Nach 23 Jahren im Brohltal endete deren Dienstzeit im Sommer 1957. Zuletzt hatte die Lok II im Schnitt 14,8 Kilo Kohle pro Streckenkilometer verbraucht. Ihr Kohlevorrat von 1,2 Tonnen reichte also gerade einmal für 80 Kilometer.

         

        • Wechselhafte Jahrzehnte

          Umladearbeiten am Bahnhof Schweppenburg, 1957 (Bild: Sammlung K. Nett)Der Personenverkehr erlebte ein ständiges Auf und Ab. Da die Landkreise Adenau, Ahrweiler und Mayen seit den 1920er Jahren zusammen mit insgesamt 55 Prozent Mehrheitseigentümer der Bahn waren, sorgten sie dafür, dass der Personenverkehr auf der Schiene zum Ausgangspunkt für ein Nahverkehrsnetz wurde. So erwarb die Brohltal-Eisenbahngesellschaft ab 1927 Autobusse, die zunächst eine Zubringerfunktion übernahmen und zunehmend auch den Fahrplan im Brohltal selbst ergänzten oder den Zugbetrieb auf dem weniger stark genutzten Teilstück zwischen Oberzissen und Kempenich ersetzten. In den 1930er Jahren wurde mehrfach der Triebwagenverkehr auf diesem Streckenabschnitt eingestellt und schließlich doch wieder aufgenommen. Während des Zweiten Weltkriegs und in den Nachkriegsjahren lagen die Fahrgastzahlen wieder deutlich höher, brachen dann aber ab 1958 rapide ein. Mit steigendem Wohlstand nutzten immer mehr Anwohner einen eigenen Pkw. Als am 27. April 1961 in einer Kurve bei Brohl der Triebwagen VT52 mit einem von der Lok IV gezogenen Güterzug zusammenprallte, wurde noch im gleichen Jahr der Personenverkehr auf der Schiene ganz eingestellt. Bis auf den noch heute erhaltenen Beiwagen VB50 wurden alle anderen Trieb- und Beiwagen ausgemustert und verschrottet.

          Der Güterverkehr stand vor ähnlichen Herausforderungen: Trotz des zunehmenden Transports mit Lastwagen hatte er bis Ende der 1950er Jahre Zuwächse zu verzeichnen, schien dann aber der Konkurrenz auf der Straße nicht mehr gewachsen. Einerseits hatten einstmals für die Bahn wichtige Firmen ihre Produktion im Brohltal eingestellt oder ihren Transport auf Lastwagen verlagert. Andererseits waren die Dampflokomotiven der Brohltalbahn im Betrieb sehr aufwändig und teuer. Viel Personal, Material und Logistik waren dafür ständig nötig.

          • Die Diesel-Ära

            Dieselloks D2 und D1 (Bild: Andreas Wildeman/IBS-Archiv)Um wieder wettbewerbsfähig zu werden, bestellte die Eisenbahngesellschaft zwei Diesellokomotiven im Dortmunder Werk von Orenstein & Koppel und stellte diese mit den Betriebsnummern D1 und D2 im November 1965 in Dienst. Obwohl es sich bei den Loks vom Typ MV10S um verhältnismäßig kleine Maschinen handelte, zeigte sich schnell, dass sie ohne weiteres in der Lage waren, alle noch vorhandenen Dampfloks zu ersetzen. Kurz darauf wurde eine weitere Diesellok gleichen Typs bestellt und 1967 als D3 eingereiht.

            Die gerettete Dampflok

            Nach den positiven Erfahrungen mit den pflegeleichten Dieselloks galten die größtenteils recht betagten Dampfloks der Brohltalbahn im Winter 1965/66 als nicht mehr zeitgemäß. Im Verhältnis zum Materialwert ihres Metalls schien ein möglicher ideeller Wert damals keine wesentliche Rolle zu spielen. So wurden sie innerhalb weniger Monate abgestellt und verschrottet – bis auf eine Ausnahme: Die 1906 gebaute Malletlok 11sm ging an das Museum der Deutschen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte in Viernheim und gelangte nach dessen Schließung 1989 wieder zurück nach Brohl. Die Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn ließ die durch jahrzehntelange Standzeit stark beschädigte Dampflok für den Museumsbahnbetrieb im Brohltal wieder aufarbeiten.

            > weiterlesen: Projekt 11sm

             

             

            Die Rationalisierung durch die Dieselloks zeigte Erfolg. Die Maschinen waren nahezu rund um die Uhr im Einsatz. Für besonders schwere Züge auf der Steilstrecke konnte man zwei Loks in Doppeltraktion zusammenkuppeln. Um die drei Dieselloks nicht zu schnell zu verschleißen, entschloss man sich 1972 zum Ankauf einer zusätzlichen Maschine aus dem Bestand der Kreisbahn Leer-Aurich-Wittmund. Die schon etwas ältere vierachsige Drehgestell-Lok mit Mittelführerstand, 1958 bei Maschinenbau Kiel (MaK) gebaut, sah in etwa aus wie eine verkleinerte Variante der V100 der Deutschen Bundesbahn. Nach dem Wegfall der Dampfloks war sie deshalb ein beliebtes Fotomotiv von Eisenbahn-Nostalgikern, wenngleich sie wesentlich seltener vor Güterzügen zu sehen war als die kleineren Loks D1, D2 und D3.

            Dieselloks D1 und D2 am Umladebahnhof Brohl (Bild: Andreas Wildeman/IBS-Archvi)

            Anfang der 1970er Jahre machte der Transport des Minerals Phonolith vom Schellkopf bei Brenk einen Großteil des Gütervolumens der Brohltalbahn aus. Der hinter Brenk liegende Streckenabschnitt von Engeln über Weibern nach Kempenich wurde immer seltener befahren und war dementsprechend in einem schlechten Zustand. Auf Druck der Aufsichtsbehörde wurde am 1. Oktober 1974 der Abschnitt stillgelegt und innerhalb von zwei Jahren abgebaut. Auf einem Teil dieser rund sechs Kilometer langen Strecke wurde später ein Radweg angelegt.

            Viele Eisenbahnfreunde spürten deutlich, dass ein weiterer Niedergang und eine Einstellung des gesamten Betriebs bald zu befürchten war. Seit 1973 versuchten verschiedene Initiativen, einen Ausflugs- und Museumsbahnverkehr auf der verbliebenen Strecke zwischen Brohl und Engeln einzurichten – mit viel Begeisterung, aber zunächst eher mäßigem Erfolg.

            Diesellok D4 mit Wagen VB50 (Bild: Andreas Wildeman/IBS-Archiv)Die Brohltal-Eisenbahngesellschaft startete daraufhin eine eigene Initiative. Ein Ausflugsverkehr als zusätzliche Einnahmequelle – das erschien angesichts des abnehmenden Gütertransports nicht uninteressant. Die Drehgestell-Diesellok D4, Baujahr 1958, und der mehrfach umgebaute, aber noch deutlich als Oldtimer erkennbare Beiwagen VB50 aus dem Jahr 1925 boten dafür ein ideales Duo. Auch die Strecke hatte einen hohen Erlebniswert zu bieten: Vom Rhein durch das Brohltal mit der eindrucksvollen Brücke-Tunnel-Kombination bei Bad Tönisstein über die Steilstrecke mit Hocheifel-Panorama und Blick auf die Burg Olbrück bis in die Region der Vulkankegel bei Engeln. Um dieses Erlebnis auf eine kurze und prägnante Formel zu bringen, erhielt der Zug den Namen "Vulkan-Expreß". Am 25. März 1977 brach er erstmals auf. In Zusammenarbeit mit Eisenbahnfreunden wurde das Angebot der Fahrten mit dem Ein-Wagen-Zug von Jahr zu Jahr ausgeweitet. Im Sommer 1985 erhielt er Verstärkung durch einen offenen Personenwagen, dazu hatte man einen früheren Güterwaggon umgebaut.

            Diese Umnutzung war die Folge einer erneuten Krise: Zahlreiche Güterwagen wurden in den frühen 1980er Jahren nicht mehr gebraucht. Viele langjährige Kunden der Brohltalbahn hatten ihre Produktion eingestellt oder inzwischen so weit gedrosselt, dass ein Transport mit der Bahn ihnen nicht mehr als lohnenswert erschien. 1987 war als einziges Transportgut Phonolith aus dem Abbau bei Brenk übriggeblieben.

            Bald darauf verlor auch noch der Vulkan-Expreß seine imposante Stammlok. Im Sommer 1986 musste die D4 mit einem schweren Getriebeschaden abgestellt werden. Die Brohltalbahn entschloss sich zum Verkauf. 1989 gelangte die Lok zur Rhätischen Bahn in der Schweiz, bei der sie technisch stark überarbeitet heute für den Rangierdienst in Untervaz eingesetzt wird. Als Zugpferde für den Vulkan-Expreß sprangen die kleinen Dieselloks D1 bis D3 ein. Doch viele Eisenbahn-Nostalgiker vermissten die fotogene D4. Nachdem es in den ersten Jahren mit den Fahrgastzahlen stetig bergauf gegangen war, hatte nun ein deutlicher Abwärtstrend auch beim Vulkan-Expreß eingesetzt.

            Im Juli 1987 gab es erneut schlechte Nachrichten: Der Betreiber des Phonolithsteinbruchs bei Brenk erklärte, dass auch er den Transport seiner Güter weitgehend auf die Straße verlagern wolle. Ohne diese Transporte war ein rentabler Betrieb der Brohltalbahn nicht mehr möglich. Das Ende der Schmalspurbahn schien kaum noch abwendbar. Dies war der Moment, in dem rund 100 Eisenbahnbegeisterte sich zusammenfanden und beschlossen, durch ehrenamtliche Arbeit den Fortbestand des Personen- und Güterverkehrs zu sichern. Am 2. September 1987 gründeten sie im Bahnhof Burgbrohl die "Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn" (IBS), die die Brohltalbahn zunächst ehrenamtlich unterstütze und bald darauf selbst zum Betreiber der Brohltalbahn wurde.

             

            > weiterlesen: Die IBS und die Brohltalbahn


          weitere Informationen zu diesem Thema:
          • Joachim Jakubowski, Die Chronik der Brohltalbahn, Verlag C.Kersting, St. Augustin, 1992, ISBN 3-925250-08-5.
          • Joachim Jakubowski, Stephan Pauly, Andreas Wildeman, Ortwin Wildeman: 100 Jahre Brohltalbahn, Jubiläums-Festschrift, Thomas Kersting Publikationsservice, Niederkassel, 2000.
          • IBS-Kurier / Die Brohltalbahn, Mitteilungen der Interessengemeinschaft Brohltal-Schmalspureisenbahn, 1992ff.